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Tagesspiegel vom 14.10.1998 |
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Nostalgie in schwarz-weißen Schuhen Renaissance eines Lebensgefühls: Die Swingmusik der dreißiger und vierziger Jahre kehrt in die Tanzsäle zurück von Reiner Schweinfurth
Der junge Mann im "Grünen Salon" kommt zurück vom Tresen, balanciert zwei Schorlegläser und ein Bier, drängelt sich an der Tanzfläche vorbei und verfängt sich in einem Stuhlbein. Die Gläser schwappen über, und eine Dame im schulterfreien Kleid schüttelt sich erschrocken unter der Flüssigkeit. Großmütig muß sie ein Achselzucken als Entschuldigung annehmen, ihr Kavalier hat es gar nicht richtig mitbekommen. Die Band spielt weiter Swing.
Im Cotton Club 1934 wäre dieses Mißgeschick anders aus der Welt geschafft worden. Die Herren hätten das untereinander geregelt. Wahrscheinlich mit mehr Stil. Die Swing?Kultur muß bei ihrer Wiederkehr in Berlin noch ein paar Manieren lernen. Aber das ändert nichts an der gesteigerten Aufmerksamkeit die die elegante Popmusik der 30er und 40er Jahre jetzt wieder auf sich zieht.
Der Trend kommt ? wie meistens ? aus Amerika. San Francisco, Los Angeles und New York haben ein ' Stück Vergangenheit renoviert, und die Yuppies zelebrieren den Schick und das Lebensgefühl der Zwischenkriegszeit als Ausgleich zu abstürzenden Börsenkursen und Therapeutentristesse. Die Euphorie kennt dort zur Zeit keine Grenzen. Bands wie die "Cherry Poppin' Daddies" erobern die Hitparaden, und Brian Setzer, ehemals Anführer der "Stray Cats", arbeitet sich vom Rockabilly über den Boogie Woogie bis zum harten Swing in der Musikgeschichte zurück. Steven Spielberg plant gar ? Krönung des Hype ? die Biographie eines Lindy-Hop?Helden der 40er?Jahre zu verfilmen.
Während die Hamburger Szene sich mit Günter Discher einen Zeitzeugen auf den Tanzboden geholt hat, der damals für seine Benny Goodman?Liebe ins Jugend?Konzentrationslager Morungen eingeliefert wurde, hält man sich in Berlin mit historischen Bezügen zurück ? obwohl Berlin das Swingzentrum in Deutschland war", wie Schellack?Dj Stephan Wuthe erzählt Wenn er im Ballsaal der Tanzschule "Walzerlinksgestrickt" oder im Hafen" in Schöneberg seine Preziosen auflegt, wippen und schnippen auch solche mit, die die Schrittfolgen noch nicht beherrschen. "Wenn man wußte, was man wollte bekam man in Deutschland bis 1939 die neuesten Platten von Bessie Smith oder Billie Holiday. Es war nicht so, daß es unter den Nazis keinen Swing gab."
Das anerkennt auch Andrej Hermlin?Leder vom Swing Dance Orchestra". "Ich mag die deutsche Musik trotzdem nicht so, weil ich Leute erlebt habe, die bei den Stücken sich nur an ihre tolle Vergangenheit erinnert haben und denen es auch heute noch egal ist, daß zur gleichen Zeit die Juden, vergast wurden." Hermlin ist Purist und Profi. Mit seiner Band unterhält er zur Zeit das beste Ensemble in der Stadt für die Musik von Tommy Dorsey oder Count Basie.
Susanne Behr, die Bandleaderin der Hot Swingers" befürchtet dagegen, daß der Spaß flöten geht, wenn die Auftritte ihrer Formation in Arbeit ausarten. Die Musiklehrerin unterrichtet im Wedding sogar schon Drittklässler in der hohen Kunst des Off?Beats. ,Die Kinder haben große Freude an dieser Musik. Die Unbeschwertheit und Fröhlichkeit sind einfach ansteckend." Mit ihrem weiblichen Gesangstrio nebst stützender Bass?Stimme kommt die Kapelle ziemlich nah an die Andrews?Sisters heran. Das Publikum hält es keine zehn Minuten auf den Sitzen. Mit dem Freestyle aus der Technodisco kommt man beim Swing allerdings nicht weit, Denn Paartanz ist die Seele der Veranstaltung.
Ich bin vom Boogie Woogie zum Swing gekommen?, sagt Axel Platzen. Er war der einzige Rock'n'Roll?Meister der DDR, bereiste als Show-Tänzer die Republik und arbeitet min als Tanztrainer und Unternehmensberater. Die Unterschiede zwischen artistischem Rock'n'Roll und Lindy-Hop gibt es, aber wir müssen das hier noch rauskriegen", sagt er. Gleich darauf kümmert er sich um eine Dame, die sich erst nicht so recht traut, sich dann aber doch glücklich für den Tanz zu bedanken. Beim Swing gelten wieder die Geschlechterrollen aus Omas Tagen. Ich genieße das", sagt die Veranstalterin vom Grünen Salon, Yvonne Helmbold, den ganzen Tag muß ich die harte Geschäftsfrau sein, da ist es abends ein Genuß, sich von einem guten Tänzer übers Parkett tragen zu lassen." Cocktails, weite Hosen, Paillettenkleider, schwarz-weiße Schuhe, gelegentlich kann man sogar eine Federboa sehen - die Accessoires des Swing sind von Fred Astaire, Rita Hayworth und Cab Calloway populär gemacht worden. Das Nachahmungsbedürfnis kommt dabei in den Zeiten der Massenkonfektion spielerisch daher. Zwar mußte das Cafe am Park in der Veteranenstraße seine Tanz- und Kostümabende einstellen, aber im "b-flat" in der Rosenthaler Straße - dem derzeitigen Treffpunkt der Szene - tummeln sich mehr Big-Band-Freaks denn ja nach der Devise Duke Ellingtons: It don´t mean a thing if it aint got that swing.
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Sächsische Zeitung vom 15.02.1997 |
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In tiefer Trauer traf man sich bei Kamillentee Prohibitions-Party in Hoyerswerdas Kulturfabrik war eine runde Sache von Elfriede Grimplini, Fotos Rico Hofmann
Hoyerswerda. Die Damen und Herren Besucher wurden gebeten, aus Gründen der Konspiration den anderen Eingang zu nehmen. Aber auch dort kam man erst hinein, nachdem man sich an der nahegelegenen Bushaltestelle für einen kleinen Obulus eine Trauerschleife und das Code-Wort abgeholt hatte. So ausgerüstet öffneten sich den Besuchern der Trauerfeier in der KulturFabrik am Sonnabend abend die Türen. Das KJT war ganz im Stil des Amerika der 20er Jahre eingerichtet, als die Prohibitionsgesetze den Genuß von Alkohol unterbinden sollten. Es gab richtige alte Grammophone zu bestaunen, auf denen Schellackplatten abgespielt wurden und auch das Mikrofon war ein echtes altes Stück aus der Zeit der Röhrentechnik. Nahezu alle "Trauergäste", die die "Freunde der italienischen Oper" eingeladen hatten, waren im Outfit dieser Jahre erschienen, die Damen trugen bevorzugt Charleston-Kleider mit langen Perlenketten oder/und Federboas,. die Herren waren in Gehröcke gewandet; manche trugen auch lange Mäntel, dunkle Brillen und sicher falsche Bärte - das hinderte sie aber nicht, sich genau wie die anderen an Kamillentee oder Traubensaft zu delektieren. Im Saal war der Sarg der Verblichenen aufgebahrt, Gamaschen-Joe, alias Uwe Glietsch, hielt die Trauerrede. Er berichtete von den Taten und Untaten der stets gegen den Alkohol kämpfenden Diva, die dann bei einer Protestkundgebung von 17 herabstürzenden Bierfässern aus der Wittichenauer Brauerei erschlagen wordlen war. Letzter Film: Suche nach Meteor Glücklicherweise aber gibt es letzte filmische Dokumentationen der teuren Toten - entstanden in der Werkstatt der KulturFabrik. Szenen eines Stummfilms waren mit Texten zusammengefügt worden, die auf aktuelle Begebenheiten abzielten (Falco ist tot - auf der Dominikanischen Republik muß ein Fluch liegen). Ihr vorletzter Film handelte von der Suche nach einem Meteor in der hiesigen Gegend, TAGEBLATT hatte darüber berichtet. Auf der Suche also nach dem abgestürzten Teil wurde der Elchtest bestanden, der Tag der Sachsen erwähnt, gefunden aber haben sie den Meteor nicht. Der "letzte" Film der Diva war eine echte Eigenproduktion der KuFa-Leute, "Mord im Ballhaus". Die Trauergäste hatten natürlich auch die Möglichkeit, das Tanzbein zu schwingen, so eine Trauerfeier ist schließlich eine lustige Angelegenheit. "The Hot Swingers" aus Berlin waren in dieser Kulisse wunderbbar integriert, sowohl das Repertoire als auch das Outfit der Damen und Herren überzeugten. Mit der Verpflichtung dieser Truppe hatten die Veranstalter der 2. Prohibitions-Party einmal mehr eine glückliche Hand gezeigt. Natürlich fehlte auch nicht die Po- lizei-Razzia, bei der wir leider einige Tropfen kostbaren Hagebutten-Tees einbüßten. Wir trösteten uns anschließend in der Spielhölle - es hat geklappt, die Dollarscheine vermehrten sich. Bis in die frühen Morgenstunden dauerte die Feier, und keiner bedauerte mehr die tote Franzi. Eine einzige Frage blieb an diesem Abend offen: Um wen trauern wir im nächsten Jahr?
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Berliner Zeitung vom 23.06.1995 |
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Alkohol nur aus Kaffeetassen Berlins erste Prohibition-Party steigt heute abend in der Kulturbrauerei von Torsten Wahl
Die Kapelle spielt Charleston. Verschwörerisch grinsen sich Typen mit Schiebermützen an, während sie ihre Tassen leeren. Mädels mit Bubikopf und Dandys mit Zigarre flanieren über den Hof. Finstere Gorillas mustern jeden Gast. Plötzlich heulen Polizeisirenen -Razzia! Kreischen, Fluchen, schnell noch den kostbaren Tasseninhalt in den Hals schütten. Es herrscht die Prohibition -anno 1995, mitten in Prenzlauer Berg.
In der Kulturbrauerei wird nicht etwa die Fortsetzung von, "Cotton Club" oder "Es war einmal in Amerika" gedreht. Stars sind hier vielmehr alle, die Lust haben, sich ins Amerika der 20er Jahre zu versetzen. Wer sich besonders pfiffig im Stil des Abends kleidet, kann sogar eine Reise nach Philadelphia gewinnen - im pinkfarbenen Trabi mit Chauffeur!
Im Kesselhaus sorgen Zahnstocher-Joe und Gamaschen-Charlie für den nötigen Dampf, Oberganove Mike organisiert die Versorgung (mit "Schießenden Torten" und Alkohol aus Kaffeetassen), die "Hot Swingers" spielen Swing und Charleston. Ein "Beerdigungsinstitut Moulin Rouge" treibt seine Späße. Gegen 21.30 Uhr wird Original-Mode der 20er Jahre aus der Sammlung von Josefine von Krepl zur Schau getragen. Gegen 23 Uhr singen und steppen Studenten der Hochschule der Künste zeitgenössische Songs und Szenen aus dem Musical "On the Town", ihr Leiter Stanley Walden gibt "Alkohollieder" zum besten. Bei alledem sollten die Gäste nie vergessen, daß der Schnaps verboten bleibt - ein Polizistentrupp wartet nur darauf, blitzschnell Sünder zu greifen und zu verhaften.
Die wahren "Bosse" hinter den Kulissen sind Claudia Burkhardt und Simone Hofmann, die in der Schönhauser Allee ein Büro für Kulturmanagement betreiben. "Die Idee ist im privaten Rahmen schon sehr erfolg- reich durchgespielt worden, .warum soll sie nicht mit Hunderten Gästen aufgehen?" hofft Claudia Burkhardt. Auch wenn die Berliner als Karnevalsmuffel gelten -Spaß am Verkleiden dürften sie trotzdem haben. Mit- machen statt Bedienen lassen sei die zukunftsträchtige Form der Unterhaltung. Claudia Burkhardt und Simone Hofmann hoffen, daß ihre auf- wendige Prohibition-Party keine Schnaps-Idee war, sondern möglichst viele Gäste süchtig macht.
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